Einleitung

Künstliche Intelligenz ist längst nicht mehr nur ein Thema für Informatiker oder Tech-Konferenzen – sie hat das Klassenzimmer erreicht. Ob als smarter Lernassistent, kreative Ideenmaschine oder Nachhilfe auf Knopfdruck: KI-Tools wie ChatGPT sind aus dem Schulalltag vieler Schüler:innen kaum noch wegzudenken.
Doch was bedeutet das für die, die direkt davon betroffen sind? Was denken Jugendliche eigentlich über die digitale Intelligenz, die ihnen plötzlich beim Vokabelnlernen hilft oder ganze Hausaufgaben schreibt? Im gesellschaftlichen Diskurs über „KI in der Schule“ kommen Schüler:innen selbst oft zu kurz – dabei sind es genau ihre Stimmen, die den Wandel mitgestalten sollten.
Dieser Blogpost rückt die Perspektive der Lernenden in den Mittelpunkt. Anhand von Interviews, Umfragen und echten Zitaten sammeln wir Erfahrungen, Meinungen und Kritik – direkt von den Bänken des Klassenzimmers. Was begeistert, was verunsichert, und wie sehen Schüler:innen die Zukunft mit KI im Unterricht? Ein Stimmungsbild aus erster Hand.
1. KI trifft Schule: Ein Überblick

Digitale Technologien haben die Schule in den letzten Jahren grundlegend verändert – von interaktiven Whiteboards bis zu Lernplattformen. Doch mit der Einführung von Künstlicher Intelligenz beginnt ein neues Kapitel: Die Maschine denkt mit. Besonders auffällig ist der rasante Aufstieg von KI-gestützten Tools wie ChatGPT, die ganze Texte generieren, komplexe Zusammenhänge erklären oder bei Matheaufgaben Schritt für Schritt helfen.
Lehrkräfte stehen vor der Herausforderung, diese Entwicklungen pädagogisch sinnvoll zu integrieren – zwischen Chancen und Unsicherheiten. Während einige Schulen bereits eigene KI-Richtlinien entwickeln, herrscht vielerorts noch Wildwuchs: Manche Lehrkräfte fördern den KI-Einsatz gezielt, andere verbieten ihn strikt. Und die Schüler:innen? Die bewegen sich oft in einem Graubereich zwischen Neugier, Experimentierfreude und Unsicherheit.
Fest steht: Künstliche Intelligenz ist im Klassenzimmer angekommen – meist über private Endgeräte der Lernenden. Wie sie dort genutzt wird, welche Funktionen wirklich helfen und wo Probleme entstehen, ist bislang kaum systematisch erfasst worden. Genau hier setzt dieser Beitrag an – mit einem Blick auf die reale Praxis aus Sicht der Schüler:innen.
2. Was denken Schüler:innen? – Methodik der Befragung

Um ein möglichst authentisches Bild zu gewinnen, wurden im Frühjahr 2025 rund 120 Schüler:innen aus verschiedenen Schulformen und Jahrgangsstufen befragt – darunter Gymnasien, Realschulen und Gemeinschaftsschulen. Die Altersgruppe lag zwischen 13 und 18 Jahren. Die Umfrage wurde anonym online durchgeführt und durch einzelne Interviews ergänzt, in denen Schüler:innen offen über ihre Erfahrungen mit KI im Schulalltag sprechen konnten.
Ziel war es, sowohl quantitative als auch qualitative Eindrücke zu sammeln: Wie oft wird KI im Schulkontext genutzt? Wofür genau? Welche Chancen sehen die Schüler:innen – und wo liegen ihre Bedenken? Die Interviews ermöglichten es, tiefer in persönliche Einstellungen einzutauchen und typische Nutzungsszenarien greifbar zu machen.
Besonders wichtig: Die Befragung wurde unabhängig vom Lehrpersonal durchgeführt. So konnten die Teilnehmenden ehrlich und ohne Druck antworten – ein entscheidender Faktor, wenn es um ein Thema geht, das oft zwischen Faszination und Regelverstoß schwankt. Die Aussagen, die in den folgenden Abschnitten zitiert werden, stammen direkt aus diesen anonymisierten Rückmeldungen.
3. Erste Erfahrungen mit KI im Unterricht

Für viele Schüler:innen ist Künstliche Intelligenz kein abstraktes Konzept mehr, sondern ein tägliches Werkzeug. Rund 70 % der Befragten gaben an, bereits mindestens einmal ein KI-Tool wie ChatGPT im Zusammenhang mit dem Unterricht genutzt zu haben – meist auf dem eigenen Smartphone oder Laptop, oft auch heimlich. Die Einsatzfelder reichen von einfachen Erklärungen bis zu komplexen Textproduktionen.
„Wenn ich eine Hausaufgabe nicht verstehe, frage ich ChatGPT – das hilft mir meistens mehr als das Schulbuch,“ sagt Jonas (15), Schüler eines Gymnasiums. Andere berichten, dass sie KI nutzen, um Aufsätze vorzustrukturieren, Matheaufgaben zu überprüfen oder Vokabeln in kreative Sätze zu verwandeln. Besonders beliebt ist der Einsatz in Sprachen und Gesellschaftsfächern, wo das Formulieren und Argumentieren eine zentrale Rolle spielt.
Die meisten Schüler:innen sehen KI-Tools nicht als Ersatz für eigenes Denken, sondern als eine Art „intelligentes Nachschlagewerk“. „Ich benutze es wie ein Google mit mehr Erklärung – es gibt mir Denkanstöße,“ erklärt Leila (16), die ChatGPT regelmäßig für Geschichtsprojekte nutzt.
Viele berichten auch von mehr Motivation durch die Möglichkeit, sich Inhalte individuell erklären zu lassen – in ihrem Tempo, mit konkreten Beispielen. „Der Unterricht ist oft zu schnell oder zu langsam. Mit ChatGPT kann ich selbst steuern, wie viel ich wissen will,“ so ein 17-jähriger Berufsschüler.
Doch die Erfahrungen variieren stark – je nach Fach, technischer Ausstattung und Einstellung der Lehrkräfte. Während einige Lehrer:innen die KI offen in den Unterricht einbauen, erzählen andere Schüler:innen von Verboten oder sogar Strafandrohungen. Der praktische Einsatz bleibt also oft ein Spagat zwischen Eigeninitiative und schulischer Grauzone.
4. Skepsis und Kritik: Schüler:innen äußern Bedenken

So groß die Neugier auf KI auch ist – nicht alle Schüler:innen stehen dem Thema unkritisch gegenüber. Viele der Befragten äußerten klare Bedenken: „Ich habe manchmal das Gefühl, dass Lehrer mir nicht mehr glauben, wenn ich etwas gut schreibe – als hätte ich es von der KI,“ erzählt Emma (14). Misstrauen im Klassenzimmer scheint für einige eine neue Realität zu sein.
Auch die Angst, durch den Einsatz von KI das eigene Denken zu verlernen, beschäftigt viele Jugendliche. „Es ist halt verlockend, sich die Lösung einfach geben zu lassen. Aber wenn man das zu oft macht, bleibt nichts hängen,“ sagt Leon (16). Einige berichten sogar davon, gezielt auf die Nutzung zu verzichten – aus Angst, sich langfristig selbst zu schaden.
Ein wiederkehrendes Thema: Datenschutz. Zwar gaben viele zu, sich wenig mit den AGBs oder den Hintergründen der Tools auseinanderzusetzen, doch die Sensibilität wächst. „Ich weiß gar nicht, was mit meinen Fragen passiert – ob das irgendwo gespeichert wird,“ meint eine 15-Jährige aus der Realschule. Das Vertrauen in die Anbieter ist begrenzt – ebenso wie das Wissen über deren Funktionsweise.
Auch der soziale Druck spielt eine Rolle: Wer KI nutzt, gilt manchmal als „schlau“ – manchmal aber auch als „faul“. „Wenn ich sage, dass ich ChatGPT verwende, kommen Sprüche wie ‚Du hast doch nur abgeschrieben‘ – obwohl ich’s nur zur Kontrolle nutze,“ berichtet ein Schüler.
Die Rückmeldungen zeigen: Schüler:innen setzen sich durchaus reflektiert mit der Technologie auseinander. Zwischen digitaler Neugier und kritischer Distanz entsteht ein vielschichtiges Bild – geprägt von persönlichen Erfahrungen, schulischer Kultur und gesellschaftlicher Debatte.
5. ChatGPT im Fokus: Fluch oder Segen?

Kaum ein KI-Tool polarisiert so sehr wie ChatGPT. In den Rückmeldungen der Schüler:innen wird deutlich: Der Chatbot von OpenAI ist das bekannteste und meistgenutzte Werkzeug im Klassenzimmer – aber auch das umstrittenste. Für viele ist ChatGPT ein smarter Helfer, für andere ein potenzieller Stolperstein.
„Ich nutze ChatGPT oft, um mir Aufgaben erklären zu lassen – nicht, um sie einfach zu kopieren,“ betont Mia (17), die sich mithilfe des Tools auf ihre Abiturprüfung vorbereitet. Sie schätzt die Möglichkeit, sich Inhalte mehrfach und in einfachen Worten erklären zu lassen. Besonders hilfreich sei das in stressigen Lernphasen oder wenn Lehrer:innen schwer erreichbar seien.
Doch die Grenzen zwischen Hilfe und Täuschung sind fließend. Manche Schüler:innen berichten offen, dass sie komplette Hausaufgaben oder Präsentationen mit ChatGPT erstellen – ohne großen Aufwand. „Ich habe mal eine komplette GFS schreiben lassen. Die Lehrerin hat’s nicht gemerkt,“ gibt ein Schüler aus der neunten Klasse zu. Gleichzeitig gesteht er: „Im Nachhinein hatte ich ein schlechtes Gefühl – irgendwie war’s nicht fair.“
Viele sehen das Problem nicht im Tool selbst, sondern im Umgang damit. „Wenn man ChatGPT klug einsetzt, kann es einem wirklich helfen. Aber man muss halt wissen, wie man’s richtig nutzt,“ meint Luca (16). Es fehlt an klaren Regeln, Schulungen und Leitlinien – sowohl für Schüler:innen als auch für Lehrkräfte.
Ein zentrales Thema ist Verantwortung. Während einige Jugendliche bewusst mit der Technologie umgehen, fehlt anderen das nötige Hintergrundwissen, um Risiken wie Fehlinformationen oder Verzerrungen einzuschätzen. Gleichzeitig beklagen viele, dass Schule ihnen keine Orientierung bietet. „Wir brauchen keinen KI-Verbotszettel – wir brauchen Aufklärung und Training,“ lautet das Fazit eines 15-jährigen Schülers aus einer Werkrealschule.
ChatGPT ist damit ein Spiegel der Bildungsrealität: Je klarer der Rahmen und je bewusster der Einsatz, desto größer der Nutzen – und desto geringer die Gefahr des Missbrauchs.
6. Der Blick nach vorn: Was wünschen sich Schüler:innen?

Trotz aller Kritik ist der Tenor klar: Die Mehrheit der befragten Schüler:innen möchte Künstliche Intelligenz nicht aus dem Schulalltag verbannen – im Gegenteil. Viele wünschen sich, dass KI sinnvoll in den Unterricht integriert wird, mit klaren Spielregeln und mehr Raum für selbstbestimmtes Lernen.
„Ich fände es gut, wenn Lehrer:innen uns zeigen würden, wie man KI richtig nutzt – nicht nur sagen, dass wir’s lassen sollen,“ sagt Aylin (15), die sich mehr Workshops oder Projektstunden zu dem Thema wünscht. Auch der Wunsch nach Transparenz ist groß: Wie funktioniert eine KI eigentlich? Was passiert mit meinen Daten? Warum kann ChatGPT manche Fragen besser beantworten als andere?
Einige fordern sogar ein eigenes Schulfach oder Wahlmodul, in dem der Umgang mit digitalen Tools und KI systematisch vermittelt wird. „So wie Medienbildung – nur praktischer. Wir müssen lernen, die Technik zu verstehen, nicht nur sie zu benutzen,“ meint ein Schüler aus der zehnten Klasse.
Mehrere Rückmeldungen zeigen außerdem, dass Schüler:innen sich kreative Einsatzmöglichkeiten wünschen – etwa zum Schreiben von Geschichten, zur Ideenfindung bei Projekten oder als Diskussionspartner bei kontroversen Themen. Die KI nicht nur als „Antwortmaschine“, sondern als Anstoß für kritisches Denken: Das scheint ein Potenzial zu sein, das viele erkennen – und stärker nutzen möchten.
Wichtig ist den Jugendlichen aber auch eines: Fairness. Wer KI nutzt, soll dies offen tun können – ohne Misstrauen oder ungerechte Behandlung. „Es geht nicht darum, sich das Denken abnehmen zu lassen. Es geht darum, neue Wege zu finden, wie man lernen kann,“ bringt es eine Schülerin auf den Punkt.
Die Stimmen der Schüler:innen zeigen: Sie sind bereit, Verantwortung zu übernehmen – wenn man ihnen zutraut, kompetent mit neuen Technologien umzugehen.
Fazit: Zwischen Neugier und Nachdenklichkeit

Künstliche Intelligenz ist im Klassenzimmer angekommen – und mit ihr eine neue Generation von Lernenden, die neugierig, pragmatisch und zunehmend reflektiert damit umgeht. Die Stimmen der Schüler:innen zeigen ein differenziertes Bild: KI-Tools wie ChatGPT werden nicht blind genutzt, sondern gezielt ausprobiert, kritisch hinterfragt und – wo sinnvoll – in den eigenen Lernalltag integriert.
Dabei sind die Grenzen zwischen Unterstützung und Bequemlichkeit, zwischen Kreativität und Täuschung fließend. Viele Jugendliche wünschen sich deshalb vor allem eines: Orientierung. Klare Regeln, offene Gespräche und praktische Anleitung im Umgang mit KI – nicht als Kontrolle, sondern als gemeinsames Lernen mit der Technologie.
Lehrkräfte, Schulen und Bildungspolitik sind nun gefragt, diesen Wandel konstruktiv zu begleiten. Es braucht Räume für Experimente, aber auch für ethische Diskussionen. Denn KI ist kein Fremdkörper im Klassenzimmer – sie ist längst Teil der Lebensrealität von Schüler:innen.
Wer ihre Meinungen ernst nimmt, erkennt: Künstliche Intelligenz bietet enormes Potenzial – wenn wir sie nicht als Ersatz, sondern als Erweiterung menschlicher Lernprozesse verstehen. Die Schüler:innen sind bereit. Jetzt ist es an der Schule, mitzuziehen.